Predigt am 2. Advent, Lj. C – 2024

(Lesung: Phil 1,4 - 6,8-11; Evangelium: Lk 3,1-6)


Besinnlicher Advent – das wäre wirklich schön, aber zur Zeit ist alles anders und gar nicht besinnlich. Was ist das eigentlich, besinnlich?

Besinnlich, ist das ein Sich-Einkuscheln in Wellnessduft, Wellnessmusik und Wellnessnahrung?  Ist das ein Eingelulltwerden in eine schöne heile Welt, während drumherum alles drunter und drüber geht und nach Veränderung schreit?

 

Wer hat aus der Adventszeit eigentlich diese Kuschelecke gemacht?

Die heutigen Helden der Lesung und des Evangeliums sicherlich nicht: Johannes der Täufer, der mit klaren Worten in der Wüste die Umkehr der Herzen anmahnt und Paulus, der in einer Gefängniszelle sitzt und einen Brief an die von ihm gegründete Gemeinde in Philippi schreibt.

Wie kann der eine sich trauen, mutig und ohne Angst aufzutreten und der andere so ohne Verbitterung schreiben, ganz darauf bedacht, andere zu stärken und zu motivieren?

Woher hatten die beiden ihre Kraft zum Anderssein, eine Kraft, die auch heute wieder so notwendig wäre?

 

Sich auf das Wesentliche zu besinnen, auf das, was wirklich trägt, sich auf Gott hin auszurichten und ihm den Weg in diese Zeit und in unsere Herzen zu bereiten ist kein gemütliches Punschtrinken im trauten Heim, sondern eine Herausforderung. Hier geht es nicht um Lebkuchenfrömmelei, hier geht es um Schwarzbrotspiritualität.

Sich auf das Wesentliche zu besinnen bedeutet einen Perspektivwechsel, eine Änderung der Blickrichtung, eine Änderung der Bewegung.

Sich auf das Wesentliche zu besinnen bedeutet UMKEHR. Und genau das ist der adventliche Aufruf, etwas grundlegend zu verändern.

 

Wie reagiert ein Volk, wenn man ihm sagt: Stellt euer Leben komplett um! Verändert eure Gewohnheiten!

Es gibt zwei Möglichkeiten.

Die eine: Die Menschen sagen: Das kommt überhaupt nicht in Frage! Wir machen so weiter wie bisher! All diese dunklen Warnungen sind doch eh Quatsch. In der Bibel ist das die Antwort, die die Propheten ziemlich oft zu hören bekommen. Zum Beispiel der Prophet Jeremia. „Kehrt um“, ruft er. Aber das Volk sagt: „Daraus wird nichts! Wir wollen unseren eigenen Plänen folgen.“ (vgl. Jeremia 18,12)

Die Leute hören nicht auf ihn. Lieber hören sie auf die anderen Propheten – und die Bibel nennt sie die falschen Propheten -, die sagen: Alles kann so bleiben, wie es ist. Euch passiert schon nichts.

 

Die andere Möglichkeit: Die Menschen ändern ihr Leben, ihr Verhalten und sich selbst. Das ist höchst selten, kommt aber vor, wie die Geschichte des Propheten Jona zeigt.

 

Johannes der Täufer, der heute im Zentrum des Evangeliums steht, war auch ein Mann klarer Worte. Wie alle Propheten hatte er einen besonderen Draht zu Gott. Propheten damals und heute sind Menschen, die einen klaren Blick für das Hier und Jetzt und für die Zukunft haben. Sie erkennen Gefahrenlagen. Das, was sie erkannt haben, sprechen sie dann auch aus und machen es öffentlich kund. Auch, wenn es unangenehm wird und sie dafür Ablehnung und Angriffe riskieren.

 

Wenn Menschen durch ihre Botschaft am Verhalten der Mitmenschen etwas ändern wollen, dann müssen sie nicht nur fordern, sondern sie müssen etwas anbieten, das die Umkehr oder die Verhaltensänderung herauslockt und in Kauf nehmen lässt.

 

Ein katholischer Prophet, der Theologe Prof. Dr. Eugen Biser, schrieb schon vor vielen Jahren genau zu diesem Phänomen, ob Menschen sich verändern oder nicht, folgendes (mit leichten Abänderungen http://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache:5olwLzbvEe4J:www.predigtforum.com/fileadmin/_migrated/content_uploads/ca3_2000_Kontexte_Hans_Huetter.rtf+&cd=1&hl=de&ct=clnk&gl=de):

 

Der Mensch ist mit einem existentiellen Zerwürfnis belastet, von Ängsten umgetrieben, von Zweifeln an seinem Lebenssinn bedrängt. Heißen Herzens wartet er auf ein Wort, das den Riss in seinem Innersten heilt; auf einen Zuspruch, der ihm die Angst aus der Seele nimmt; auf eine Botschaft, die ihn aufatmen und hoffen lässt.

 

Die Menschen wollen Wegweisungen, nicht Anweisungen. Sie suchen Erklärungen, nicht Behauptungen. Sie reagieren allergisch, wenn Argumente durch Gehorsamsappelle ersetzt werden. Die Rede soll ihnen Leben aufschließen. Sie soll ihren Verstand und ihr Herz befähigen, im Dickicht der gesellschaftlichen Vorgänge zurecht zu kommen. Sie wollen die Stimme der Hoffnung hören und nicht mahnende Worte in Endlosschleife.

 

Gott hat dieses Wort gesagt, das den Riss im Innersten des Menschen heilt.

Er hat den Zuspruch gesprochen, der ihm die Angst aus der Seele nimmt.

Er hat die Botschaft öffentlich gemacht, die aufatmen und hoffen lässt.

 

Es liegt am Wortführer, ob er Antworten auf Fragen gibt, die niemanden interessieren, die keiner braucht und die keiner stellt, oder ob er Handlungsanweisungen und Vorschläge gibt, die aus den Sackgassen herausführen, die an der Kraft der Hoffnung andocken und wieder neu starten lassen.

 

Es kommt die Zeit der Hoffnung, sie muss kommen!

 

Eine Hoffnung, die bei

unserer gegenwärtigen

Erfahrung stehen bleibt,

geht nicht weit genug.

Denn Ziel und Inhalt der Hoffnung

ist die noch nicht erlebte Zukunft.

 

Eine Hoffnung, die unsere

erfahrbare Gegenwart nicht

tiefgreifend verändert,

ist noch nicht wirklich

aus der Zukunft

bei uns angekommen.

 

Denn da, wo Hoffnung einkehrt,

verwandelt sie die Gegenwart.

Die Hoffnung liebt es

nämlich über alles,

auf ihrem Heimweg

in die Zukunft

in unserer Gegenwart

Quartier zu nehmen. (Hans-Joachim Eckstein)

 

Amen.